Mütter mit Messern sind gefährlich

Ranst, Do van, 2010
Bücherei Internetcafé Korneuburg
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Medienart Buch
ISBN 978-3-551-58053-5
Verfasser Ranst, Do van Wikipedia
Beteiligte Personen Van Ranst, Do Wikipedia
Verlag Carlsen
Ort Hamburg
Jahr 2010
Umfang 157 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Do van Ranst. Aus dem Niederländ. von Andrea Kluitmann
Annotation Atmosphärisch dichte, subtile Erzählung über einen Jungen, der die Vision einer vatermordenden Mutter leichter erträgt als die bittere Wahrheit. (ab 12) (JE) "It's a thin line between love and hate": Mit diesem Songtitel der Pretenders und dem unbekümmert hervorgebrachten ersten Satz - "Meine Mutter hat meinen Vater mit einem Messer ermordet" - setzt die schmerzliche Familiengeschichte des zwölfjährigen Ich-Erzählers Jef ein. Sein kindlich-vertrauliches "Du" den LeserInnen gegenüber lässt sogleich eine intime Gesprächssituation entstehen. In skurril betitelten, kurzen Kapiteln berichtet der von Etymologie faszinierte, sensible Junge lakonisch über sein Leben im tristen, zynischerweise "Zikkurat" (babylonisch: Götterberg) genannten fünfzehnstöckigen Hochhaus, wo er mit seiner alleinerziehenden Mutter Bekka und seiner mehrfach behinderten älteren Schwester Iene, die sich nur mittels dumpfer Laute und Gebärden verständigen kann, wohnt. Seinem Vater ist Jef nie begegnet, nur ein mysteriöser Blutfleck im Wohnzimmer erinnert an ihn. Hat seine sanfte, Iene mit so großer Hingabe pflegende Mutter wirklich den Vater mit einem Küchenmesser erstochen? Immerhin ist sie begeistertes Mitglied im "Club deutscher Messer" und für sie ist "nichts so wunderbar, wie die Klinge eines perfekt geschliffenen Messers durch rohes Fleisch gleiten zu fühlen" (S. 33). Lediglich am Glasflaschenfeld, einer benachbarten Branntweinbirnenplantage, kommen die drei zur Ruhe - ein magisch-entrückter Zufluchtsort zum Träumen, Vergessen, Loslassen. Im stinkenden Sozialbaukeller vertreiben sich Jef und sein gleichaltriger Freund Süleyman, eine nervige Quasselstrippe, mit wild ausgeschmückten Lügengeschichten und allerlei pubertären Gesprächen die Zeit. Und dann ist da noch Harry, der Freund der Mutter - Jef mag "den Eindringling" kein bisschen und will ihn rasch loswerden. Ein schauriger Fund kommt da gerade recht... Der flämische Autor Do van Ranst, dessen Jugendbuch "Wir retten Leben, sagt mein Vater" 2007 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde, erweist sich erneut als Meister des Dialogs, der feinen Töne zwischen den Zeilen und der humorvollen Überzeichnung. Liebe und Hass, Einsamkeit und Nähe, Freundschaft und Eifersucht sowie der würdige Umgang mit Behinderung sind die großen Themen dieser von Andrea Kluitmann mit viel Sprachgefühl ins Deutsche übertragenen, amüsant-tiefgründigen Adoleszenzgeschichte voller Familiengeheimnisse und pointierter Charaktere. Setting, Erzählatmosphäre und Tonfall erinnerten mich ein wenig an Alina Bronskys Debütroman "Scherbenpark". Originelle Fabel für LeserInnen ab 12, die gerne über menschliche Beziehungen und die Unbillen des Erwachsenwerdens nachdenken - kein Krimi, kaum Action, aber hier findet das eigentliche Leben statt! *bn* Elisabeth Zehetmayer